Dienstag, 14. Juli 2015
Düsseldorf von Freitag bis Sonntag: Dem Wahnsinn noch die Krone aufgesetzt
Freitag 10. Juli: Gegen 16:00 Uhr treffe ich mit meinem Vater, der mich den Rest des Wochenendes begleiten wird wieder im Maritim Hotel ein. Auf der Zugfahrt nach Düsseldorf habe ich den 6:1 Sieg von Rowby verfolgt und freue mich sehr, ihn morgen dann auch live zu sehen zu bekommen. Wir beziehen unser Zimmer und ich probiere das Shirt an, was mir Mensur gestern Abend geschenkt hat. Es ist mir ein Bisschen zu groß, passt aber insgesamt ganz gut. Der Abend kann also kommen.

Gegen 17:30 Uhr geht es nach unten in die Lobby, wo wir uns an der Tageskasse melden. Aufgrund meiner Sehbehinderung bekomme ich vor allen anderen Gästen Zugang zur Halle und habe freie Platzwahl. Der Spielort in Düsseldorf sammelt direkt Punkte mit der Tatsache, dass Stühle an den Tischen stehen und man sich nicht auf Bierbänken den Rücken ruiniert. Die Zeit vergeht, irgendwann läuft das erste Match und allmählich werde ich nervös. Mensur ist als zweites dran und bald ist es so weit. Minuspunkte bekommt Düsseldorf dafür, dass man nur aus dem VIP-Bereich mit den Spielern abklatschen kann, wenn sie auf die Bühne gehen. Mensur hatte eigentlich gesagt, dass er beim Einmarsch zu mir kommen will, aber so ist das ziemlich unmöglich.

So stehe ich am Zaun vor der Bühne und als Mensurs Song („Simply the best“) gespielt wird, bekomme ich Gänsehaut. Ich rufe ihn laut und er ruft zurück, wieder denke ich nur: „Wahnsinn!“ Ich nehme Platz, aber das Match hält mich nicht auf meinem Stuhl. Mensur liegt schnell zurück, spielt nicht unbedingt gut, aber er kämpft. Ich schreie mich heiser und springe immer wieder auf. Menschen, die mit ihrem Bier an mir vorbei wollen, haben eine ziemliche Herausforderung zu bewältigen. Das Spiel wird immer intensiver und alle um mich herum müssen mich wegen meinem Geschrei und Gefuchtel für völlig verrückt halten, aber mir ist es egal.

3:5 gegen Mensur, drei Matchdarts für Mike de Decker, ich habe schon irgendwie mit diesem Spiel abgeschlossen, aber er kann sie nicht nutzen. Stattdessen bekommt Mensur drei Pfeile auf seine geliebte Doppel 14. Ich weiß einfach in diesem Moment, dass direkt der erste Dart drin sein wird und so ist es auch. Mensur gleicht anschließend aus und stellt sich im Entscheidungsleg 71. Er spielt 13, 18, nimmt sich viel Zeit und trifft Tops zum 6:5 Sieg. Ich stürme völlig außer Rand und Band nach vorne zum Zaun und freue mich wie ein kleines Kind über diesen Erfolg. Wieder ruft mich Mensur und ich klatsche begeistert Beifall. Dann hält dieser unglaubliche Mensch noch eine Überraschung für mich bereit. Beim anschließenden Interview sagt er live auf der Bühne, dass er wegen mir nicht verlieren wollte und dass ich ihm Kraft gegeben habe, dieses Spiel noch zu gewinnen. Ein unglaublich emotionaler Moment für mich, den ich sicher niemals vergessen werde. Zum Schluss reicht Mensur mir noch seine Flights von dieser Partie über den Zaun, dann ist er verschwunden. Danach muss ich erst einmal den Saal verlassen. Erschöpft schnappe ich frische Luft und merke, dass ich völlig fertig bin nach diesem Match.

Über drei Stunden später treffe ich in der Lobby auf Rowby, Rasto und Michael Ganz. Michael war bei der Quali auch als Begleitung mit dabei und weil ich ihn im ersten Teil meines Berichts nicht erwähnt habe, möchte ich das an dieser Stelle nochmals tun. Ich erfahre im Laufe des Abends, dass ich die einzige bekannte Person für Mensur während seinem Spiel im Publikum war. „Der Michi und ich waren in der Stadt und wollten rechtzeitig wieder zurück sein. Dann sind wir aber in den falschen Zug eingestiegen und über zwei Stunden im Kreis gefahren“, erzählt mir Rasto. Ich frage Rowby, wo er war. „Ich war schwimmen und bin danach im Hotelzimmer eingeschlafen.“ Jaja, alles muss man selber machen ;)

Abgesehen von uns sitzen auch noch einige andere Spieler und offizielle herum. Ich werde Jelle Klaasen vorgestellt, der auf mich einen netten und sympathischen Eindruck macht. Ich erfahre von Rasto, dass er und Michael morgen Abend um 20:00 Uhr zurück nach Wien fliegen werden. Rowby hat seinen Rückflug bereits auf Sonntagmittag umgebucht, weil er Samstag erst um 21:00 Uhr spielt. Ich versichere Rowby noch einmal, ihn genau so lautstark zu unterstützen, wie Mensur. „Damit ich dich richtig anfeuern kann, brauche ich aber auch noch ein Shirt von dir“, sage ich zu ihm. Er verspricht es mir und irgendwann löst sich die nette Runde auf.

Samstag 11. Juli: Die Mittags-Session zieht relativ schnell an mir vorbei. Ich fiebere den Spielen von Mensur und Rowby am Abend entgegen. Zwischendurch teilt mir Rasto per SMS mit, dass sie mit Mensur in die Stadt gehen und er danach direkt anfangen wird, zu trainieren. Wir werden uns also vor seinem Spiel nicht mehr sehen. Am Abend sitze ich dann wieder angespannt auf meinem Platz. Etwa 15 Minuten vor Mensurs Spiel schreibt mir Rowby und teilt mir mit, dass ich in den ersten Stock kommen soll. Als ich dort beim Spielerbereich ankomme, drückt er mir das versprochene Shirt von sich in die Hand. Stolz und glücklich eile ich wieder nach unten, Mensur spielt gleich und wieder trage ich sein Shirt, was gestern in der ersten Runde Glück gebracht hat.

Als er auf die Bühne kommt, rufen wir uns wieder gegenseitig zu, dann beginnt das Match. Von Beginn an ist er unter Druck, Michael Smith spielt bärenstark. Nach einem frühen Break kämpft Mensur wie ein Löwe, aber läuft hinterher. Auch ich gebe wieder alles und versuche, Mensur noch weiter nach vorne zu schreien. Im zehnten Leg dann zwei Gelegenheiten zum 5:5, aber Österreichs Nummer Eins kann sie nicht nutzen. Das bestraft Smith gnadenlos und gewinnt 6:4. Im ersten Moment bin ich enttäuscht, aber schnell realisiere ich, wie gut Mensur da eben gespielt hat. Ein Average von fast 105 Punkten und er verliert trotzdem. Ein Satz von ihm vom Donnerstag aus der Quali schießt mir durch den Kopf: „Ich werde kein Spiel mit einem niedrigen Average verlieren, das garantiere ich dir.“ Er hat Recht behalten, denn am Ende hat eine weltklasse Vorstellung nicht ausgereicht.

Schnell geht es jetzt wieder in die Hotellobby, denn ich möchte Mensur gerne noch einmal sehen und weiß, dass er im Falle einer Niederlage noch den Flug um 20:00 Uhr bekommen wollte. Leider erwische ich ihn nicht mehr und erfahre später, dass er zusammen mit Rasto und Michael gut in Wien gelandet ist. Für mich geht es wieder zurück in die Halle. Ich ziehe mich um und trage jetzt Rowbys Shirt, um ihn gleich richtig nach vorne zu peitschen. Bei seinem Einmarsch rufe ich ihm vom Zaun aus zu und er sieht, dass ich da bin. In den folgenden Minuten versuche ich stimmlich wieder alles, aber es hilft nicht viel. Von Beginn an findet Rowby nicht wirklich in sein Spiel. Noch dazu spielt Vincent van der Voort auch immer wieder gute Checkouts. Dann plötzlich ein unglaublicher 10 Darter von Rowby und ich denke, dass er vielleicht jetzt aufwacht. Er kann aber nicht daran anknüpfen und verliert schlussendlich 2:6. Sehr schade, aber das Wochenende war auch so genial genug.

Sonntag 12. Juli: Bevor wir uns den finalen Tag live vor Ort anschauen, bittet mich Rowby noch zu sich. Er überreicht mir die Darts von Mensur, die er am Vorabend gespielt hat. Er hat sie vor seinem Abflug extra für mich im Hotel gelassen. Auch dieses großartige Erinnerungsstück nehme ich voller Freude und Stolz an mich. Unten vor dem Hotel gibt es dann noch einen letzten kleinen Plausch mit Rowby. Ich frage ihn, was am Abend zuvor schief gelaufen ist. „Ich bin irgendwie nicht reingekommen. In den meisten Legs konnte ich mich nur stellen und Vincent hat sofort zugemacht.“ Er erzählt mir außerdem, dass sein nächstes Ziel die top 32 der Welt sind. Ich wünsche und gönne es ihm von Herzen und hoffe, dass er es schnell schafft. Dann verabschieden wir uns voneinander, wir werden uns Mitte September bei der Qualifikation für das Event in Mülheim wieder sehen. Am Ende bleiben vier geniale Tage in Düsseldorf mit tollen Menschen, die mir von Beginn an das Gefühl gegeben haben, dazuzugehören. Als ich im Dezember letzten Jahres Administrator in der Facebookgruppe „Österreichische Dartspieler bei der PDC“ geworden bin hätte ich mir nie träumen lassen, dass das möglich wäre. Danke an Mensur, Rowby, Rasto und Roxy für eine geniale Zeit. Auf das noch viele weitere solche Momente bei den verschiedenen Darts-Turnieren dieser Welt folgen werden!

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Qualifikation für Düsseldorf: Der Anfang von etwas besonderem
Donnerstag 09. Juli: Durch eine Automatiktür nach drinnen und ein paar Meter weiter eine Treppe nach unten. Wir sind da, im Maritim Hotel Düsseldorf. Wir sind spät dran, gegen 6 wollten wir da sein, aber dank der Deutschen Bahn ist es schon 7. An der Rezeption fragen wir, wo denn die Qualifikation für die European Darts Open stattfindet. Wir werden nach oben in den ersten Stock geleitet und dann sind wir da. Am Eingang treffe ich auf Carsten Arlt von der PDC Europe, der mich einweist: „Zur European Quali geht’s geradeaus“. In besagtem Raum angekommen ist es schon relativ voll. Neun Boards hängen rings herum, an acht wird gleich das Turnier gespielt. Gerade stehen an allen Scheiben Spieler und werfen sich ein. Außerdem stehen da noch einige Tische für Spieler und ihre Begleitpersonen.

Dann werde ich das erste Mal angesprochen. Michael Rasztovits, den ich im Folgenden nur noch „Rasto“ nennen werde, stellt sich mir kurz vor, dann spielt er sich weiter ein. Dann stelle ich fest, dass noch keine Auslosung für das Turnier aushängt. Ich will vorne bei Carsten nachfragen, ob sich das noch ändert, kann ihn aber nicht auffinden. Auf dem Weg zurück zu den Boards höre ich plötzlich Jemanden singen: „Rowby Rowby John“ (passend auf die Einmarschmelodie von Vincent van der Voort). Mein Gehirn will gerade realisieren, dass mir diese Stimme bekannt vorkommt, da werde ich auch schon überschwänglich von Roxy-James Rodriguez begrüßt. Auch sein Bruder Rowby-John stellt sich kurz vor. Zurück im Turnierraum suche ich mir mit meiner Begleitung einen Tisch und treffe wieder auf Roxy, der dort schon sitzt. Ein paar Minuten später werde ich dann auch von Mensur Suljovic herzlich begrüßt. Er entschuldigt sich dafür, dass er jetzt keine Zeit für uns hat: „Es tut mir Leid, ich muss mich konzentrieren.“ Ich sage ihm, dass das völlig verständlich ist, er sich nicht rechtfertigen muss und wünsche ihm viel Glück für die Quali. Er, Rasto, Rowby und Antonio Alzinas spielen sich zusammen an einem Board ein. Roxy sitzt noch eine Weile mit mir am Tisch, gesellt sich dann aber zu den anderen.

Plötzlich wird eine Auslosung aufgehängt und die Spieler drängen sich davor. „Ich muss nicht gegen meinen Bruder spielen“, teilt mir Roxy mit, als er wieder am Tisch angekommen ist. Dafür könnten Mensur und Rasto aufeinander treffen, es gibt schöneres. Nach weiteren zehn Minuten werden die ersten Spiele an jedem Board aufgerufen. Außerdem wird noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass an den Boards und Tischen nur Wasser als Getränk für die Spieler erlaubt ist. Dann starten die ersten Spiele. Da Mensur und Rowby ein Freilos haben und Rasto nicht das erste Spiel hat, schaue ich mir zunächst das Match von Roxy an. Nach kurzen Startschwierigkeiten findet er umso besser in die Partie. Mit vor allem starkem Finishing (100 % Doppelquote!) gewinnt er 6:2 und ist zufrieden. Als nächstes schaue ich Rasto über die Schulter, der sein erstes Spiel 6:3 gewinnt.

Dann beginnt zum ersten Mal die Reizüberflutung. Ich würde gerne Mensurs erstes Spiel sehen. Gleichzeitig spielt Rowby direkt links daneben. Am Board rechts von Mensur ist mit Zoran Lerchbacher ein weiterer Österreicher im Einsatz. Ich konzentriere mich hauptsächlich auf Mensur, lasse mir aber auch immer wieder sagen, wie es an den beiden anderen Boards aussieht. Mensur gewinnt klar und anschließend kann ich mich das erste Mal kurz mit ihm unterhalten. Schon zu diesem Zeitpunkt behandelt er mich so, als würden wir uns schon ewig kennen. Nach kurzer Wartezeit bestreitet Rasto sein zweites Spiel. Ich verfolge die ersten Legs, entscheide mich dann aber, Roxys zweite Partie vier Boards weiter rechts zu verfolgen. Er findet leider nie wirklich ins Match und muss sich 3:6 geschlagen geben. Zu Recht ist er danach frustriert und erst einmal nicht mehr zu sehen. Danach unterhalte ich mich mit Zoran Lerchbacher und Roman Schleiner, die beide auf mich zukommen und sich für meine Arbeit mit meinem Blog und auf Facebook bedanken. Es macht mich immer wieder aufs Neue stolz, dass das, was ich tue in Österreich auch bei den Spielern einen derart hohen Anklang findet.

Für mich bleibt während dessen keine Zeit zum Durchschnaufen. Das entscheidende Spiel um die Quali zwischen Mensur und Rasto hat begonnen, direkt daneben kämpft auch Rowby um einen Startplatz im Hauptfeld. Als ich ankomme führt Mensur schon 1:0, später erfahre ich, dass ich ein 161er Finish von ihm verpasst habe. Er gewinnt klar 6:1 und auch Rowby kann sich durchsetzen. Danach führe ich ein langes und tolles Gespräch mit Mensur. Er zeigt sich als toller und bodenständiger Mensch, dem Geld oder große Erfolge nicht so wichtig sind. Er hat mich wohl schon nach kurzer Zeit ins Herz geschlossen und geht dementsprechend mit mir um. „Du musst nur Bescheid sagen, wenn du zu einer Quali nicht kommen kannst. Ansonsten bist du ab sofort immer mein Gast“, sagt er z.B. und ich bin einfach nur baff. Man hatte mir im Vorfeld schon viel Derartiges über den „Gentle“ erzählt, aber ich bin trotzdem einfach nur beeindruckt.

Anschließend leert sich der Raum allmählich. Ich sitze erschöpft am Tisch und lasse die Gedanken schweifen. Ein paar Minuten später kommen Rowby und Roxy zu uns. Wir unterhalten uns und kurz darauf lerne ich auch noch Robert Marijanovic kennen. Rowby versucht während dessen seinen Bruder zu überreden, die Challenge Tour am Wochenende in England zu spielen. Plötzlich fragt er mich, was ich dazu meine. Ich stimme ihm zu und sage, dass Roxy auf jeden Fall fliegen soll. Es sind vier neue Turniere und eine neue Chance und so, wie er heute in seinem ersten Match gespielt hat ist da einiges möglich. Am Ende haben wir ihn überzeugt und er macht sich auf, um einen Flug zu buchen. Rowby erzählt mir, dass er morgen um 15:00 Uhr spielt. Ich ärgere mich, weil ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wieder am Spielort bin. Ich vereinbare aber mit ihm, dass er das Match gewinnen soll und er mich dafür in der zweiten Runde am Samstag aus dem Publikum lautstark hören wird.
Für mich geht es im Anschluss eine Etage tiefer in die Hotellobby. Mensur wollte sich noch einmal mit mir zusammensetzen. Wir warten ungefähr 20 Minuten, dann taucht er zusammen mit Rasto auf. Mit dabei hat er ein original Spielershirt von sich, das er mir überreicht. Ich sage ihm, dass ich es auf jeden Fall zu seinem Spiel morgen anziehen werde, auch wenn es mir zu groß sein sollte. „Ach was, ich hab 120 Kilo, du 80, das wird schon passen“, erwiedert er. Ich sage ihm, dass ich mindestens 10 Kilo weniger habe. Darauf er: „Na gut, dann hab ich 115 und du 70, dann passts auch wieder.“ Wir müssen alle herzhaft lachen. Irgendwann kommt auch Roxy noch einmal dazu und wir fachsimpeln über alles mögliche aus der Welt des Dartsports. Die Zeit vergeht wie im Flug und gegen Mitternacht verabschieden wir uns nach einem gemeinsamen Foto. Mensur, Rasto und Roxy auf ihre Zimmer, ich mit meiner Begleitung noch einmal zurück nach Dortmund. Morgen komme ich zurück, dann bin ich drei Tage im Spielerhotel und wir werden uns alle wieder sehen. Schon diese erste Begegnung mit meinen ganz persönlichen „Stars“ war der pure Wahnsinn!

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