Montag, 13. Juli 2015
Qualifikation für Düsseldorf: Der Anfang von etwas besonderem
Donnerstag 09. Juli: Durch eine Automatiktür nach drinnen und ein paar Meter weiter eine Treppe nach unten. Wir sind da, im Maritim Hotel Düsseldorf. Wir sind spät dran, gegen 6 wollten wir da sein, aber dank der Deutschen Bahn ist es schon 7. An der Rezeption fragen wir, wo denn die Qualifikation für die European Darts Open stattfindet. Wir werden nach oben in den ersten Stock geleitet und dann sind wir da. Am Eingang treffe ich auf Carsten Arlt von der PDC Europe, der mich einweist: „Zur European Quali geht’s geradeaus“. In besagtem Raum angekommen ist es schon relativ voll. Neun Boards hängen rings herum, an acht wird gleich das Turnier gespielt. Gerade stehen an allen Scheiben Spieler und werfen sich ein. Außerdem stehen da noch einige Tische für Spieler und ihre Begleitpersonen.

Dann werde ich das erste Mal angesprochen. Michael Rasztovits, den ich im Folgenden nur noch „Rasto“ nennen werde, stellt sich mir kurz vor, dann spielt er sich weiter ein. Dann stelle ich fest, dass noch keine Auslosung für das Turnier aushängt. Ich will vorne bei Carsten nachfragen, ob sich das noch ändert, kann ihn aber nicht auffinden. Auf dem Weg zurück zu den Boards höre ich plötzlich Jemanden singen: „Rowby Rowby John“ (passend auf die Einmarschmelodie von Vincent van der Voort). Mein Gehirn will gerade realisieren, dass mir diese Stimme bekannt vorkommt, da werde ich auch schon überschwänglich von Roxy-James Rodriguez begrüßt. Auch sein Bruder Rowby-John stellt sich kurz vor. Zurück im Turnierraum suche ich mir mit meiner Begleitung einen Tisch und treffe wieder auf Roxy, der dort schon sitzt. Ein paar Minuten später werde ich dann auch von Mensur Suljovic herzlich begrüßt. Er entschuldigt sich dafür, dass er jetzt keine Zeit für uns hat: „Es tut mir Leid, ich muss mich konzentrieren.“ Ich sage ihm, dass das völlig verständlich ist, er sich nicht rechtfertigen muss und wünsche ihm viel Glück für die Quali. Er, Rasto, Rowby und Antonio Alzinas spielen sich zusammen an einem Board ein. Roxy sitzt noch eine Weile mit mir am Tisch, gesellt sich dann aber zu den anderen.

Plötzlich wird eine Auslosung aufgehängt und die Spieler drängen sich davor. „Ich muss nicht gegen meinen Bruder spielen“, teilt mir Roxy mit, als er wieder am Tisch angekommen ist. Dafür könnten Mensur und Rasto aufeinander treffen, es gibt schöneres. Nach weiteren zehn Minuten werden die ersten Spiele an jedem Board aufgerufen. Außerdem wird noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass an den Boards und Tischen nur Wasser als Getränk für die Spieler erlaubt ist. Dann starten die ersten Spiele. Da Mensur und Rowby ein Freilos haben und Rasto nicht das erste Spiel hat, schaue ich mir zunächst das Match von Roxy an. Nach kurzen Startschwierigkeiten findet er umso besser in die Partie. Mit vor allem starkem Finishing (100 % Doppelquote!) gewinnt er 6:2 und ist zufrieden. Als nächstes schaue ich Rasto über die Schulter, der sein erstes Spiel 6:3 gewinnt.

Dann beginnt zum ersten Mal die Reizüberflutung. Ich würde gerne Mensurs erstes Spiel sehen. Gleichzeitig spielt Rowby direkt links daneben. Am Board rechts von Mensur ist mit Zoran Lerchbacher ein weiterer Österreicher im Einsatz. Ich konzentriere mich hauptsächlich auf Mensur, lasse mir aber auch immer wieder sagen, wie es an den beiden anderen Boards aussieht. Mensur gewinnt klar und anschließend kann ich mich das erste Mal kurz mit ihm unterhalten. Schon zu diesem Zeitpunkt behandelt er mich so, als würden wir uns schon ewig kennen. Nach kurzer Wartezeit bestreitet Rasto sein zweites Spiel. Ich verfolge die ersten Legs, entscheide mich dann aber, Roxys zweite Partie vier Boards weiter rechts zu verfolgen. Er findet leider nie wirklich ins Match und muss sich 3:6 geschlagen geben. Zu Recht ist er danach frustriert und erst einmal nicht mehr zu sehen. Danach unterhalte ich mich mit Zoran Lerchbacher und Roman Schleiner, die beide auf mich zukommen und sich für meine Arbeit mit meinem Blog und auf Facebook bedanken. Es macht mich immer wieder aufs Neue stolz, dass das, was ich tue in Österreich auch bei den Spielern einen derart hohen Anklang findet.

Für mich bleibt während dessen keine Zeit zum Durchschnaufen. Das entscheidende Spiel um die Quali zwischen Mensur und Rasto hat begonnen, direkt daneben kämpft auch Rowby um einen Startplatz im Hauptfeld. Als ich ankomme führt Mensur schon 1:0, später erfahre ich, dass ich ein 161er Finish von ihm verpasst habe. Er gewinnt klar 6:1 und auch Rowby kann sich durchsetzen. Danach führe ich ein langes und tolles Gespräch mit Mensur. Er zeigt sich als toller und bodenständiger Mensch, dem Geld oder große Erfolge nicht so wichtig sind. Er hat mich wohl schon nach kurzer Zeit ins Herz geschlossen und geht dementsprechend mit mir um. „Du musst nur Bescheid sagen, wenn du zu einer Quali nicht kommen kannst. Ansonsten bist du ab sofort immer mein Gast“, sagt er z.B. und ich bin einfach nur baff. Man hatte mir im Vorfeld schon viel Derartiges über den „Gentle“ erzählt, aber ich bin trotzdem einfach nur beeindruckt.

Anschließend leert sich der Raum allmählich. Ich sitze erschöpft am Tisch und lasse die Gedanken schweifen. Ein paar Minuten später kommen Rowby und Roxy zu uns. Wir unterhalten uns und kurz darauf lerne ich auch noch Robert Marijanovic kennen. Rowby versucht während dessen seinen Bruder zu überreden, die Challenge Tour am Wochenende in England zu spielen. Plötzlich fragt er mich, was ich dazu meine. Ich stimme ihm zu und sage, dass Roxy auf jeden Fall fliegen soll. Es sind vier neue Turniere und eine neue Chance und so, wie er heute in seinem ersten Match gespielt hat ist da einiges möglich. Am Ende haben wir ihn überzeugt und er macht sich auf, um einen Flug zu buchen. Rowby erzählt mir, dass er morgen um 15:00 Uhr spielt. Ich ärgere mich, weil ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wieder am Spielort bin. Ich vereinbare aber mit ihm, dass er das Match gewinnen soll und er mich dafür in der zweiten Runde am Samstag aus dem Publikum lautstark hören wird.
Für mich geht es im Anschluss eine Etage tiefer in die Hotellobby. Mensur wollte sich noch einmal mit mir zusammensetzen. Wir warten ungefähr 20 Minuten, dann taucht er zusammen mit Rasto auf. Mit dabei hat er ein original Spielershirt von sich, das er mir überreicht. Ich sage ihm, dass ich es auf jeden Fall zu seinem Spiel morgen anziehen werde, auch wenn es mir zu groß sein sollte. „Ach was, ich hab 120 Kilo, du 80, das wird schon passen“, erwiedert er. Ich sage ihm, dass ich mindestens 10 Kilo weniger habe. Darauf er: „Na gut, dann hab ich 115 und du 70, dann passts auch wieder.“ Wir müssen alle herzhaft lachen. Irgendwann kommt auch Roxy noch einmal dazu und wir fachsimpeln über alles mögliche aus der Welt des Dartsports. Die Zeit vergeht wie im Flug und gegen Mitternacht verabschieden wir uns nach einem gemeinsamen Foto. Mensur, Rasto und Roxy auf ihre Zimmer, ich mit meiner Begleitung noch einmal zurück nach Dortmund. Morgen komme ich zurück, dann bin ich drei Tage im Spielerhotel und wir werden uns alle wieder sehen. Schon diese erste Begegnung mit meinen ganz persönlichen „Stars“ war der pure Wahnsinn!

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